Welche Rechte haben Versicherte beim PKV-Tarifwechsel?
Als Kunde haben Sie das Recht, bei Ihrer privaten Krankenversicherung kostenlos den Tarif zu wechseln. Dabei bleiben Ihre Rechte aus dem ursprünglichen Vertrag erhalten. Insbesondere werden alle in Ihrem alten Tarif gebildeten Altersrückstellungen voll auf den neuen Tarif angerechnet.
Wichtiger Hinweis: Umfasst der neue Tarif mehr Leistungen als der bestehende, kann der private Krankenversicherer für diese Mehrleistungen eine erneute Gesundheitsprüfung und ggf. einen so genannten Risikozuschlag (RZ) verlangen. Bei Verzicht auf diese Mehrleistungen entfallen sowohl Gesundheitsprüfung als auch RZ.
Wenn Sie in einem Bisex-Tarif versichert sind und vor dem 01.01.2009 bei Ihrem aktuellen Anbieter bereits versichert waren, dürfen Sie in alle Bisex-Tarife der alten Welt, der neuen Welt und alle Unisex-PKV-Tarife wechseln.
Sollten Sie sich bei Ihrem jetzigen PKV-Anbieter erst nach dem 01.01.2009 versichert haben, dann können Sie nur innerhalb der Bisex-Tarife ab der neuen Welt und in alle Unisex-Tarife wechseln.
Wenn Sie in einem Unisex-Tarif versichert sind, dürfen Sie innerhalb der Unisex-Tarife wechseln, jedoch nicht in einen alten Bisex-Tarif. Gleiches gilt auch, wenn Sie einmal von einem Bisex- in einen Unisex-Tarif gewechselt sind.
Seit 1. Januar 2016 gelten die Leitlinien zum unternehmensinternen Tarifwechsel des Verbandes der privaten Krankenversicherung. Weitere Informationen und eine Liste der teilnehmenden Unternehmen finden Sie unter: www.pkv.de/verband/tarifwechsel-leitlinien-pkv
Was versteht man unter dem Tarifwechselrecht?
Der Begriff Tarifwechselrecht nach § 204 VVG beschreibt das Optionsrecht des Versicherten auf inhaltliche Änderung des Leistungsversprechens eines Krankenversicherungsvertrags im Rahmen des den Versicherer treffenden Kontrahierungszwangs.
Durch einen internen Tarifwechsel können Vertragsinhalte der privaten Krankenversicherung umgestaltet werden. Dabei kann sich das Leistungsversprechen erweitern oder reduzieren. Die Rechtsgrundlage und den Umfang des internen Tarifwechselrechts bildet der Paragraph 204 VVG. Danach kann ein Versicherter von seinem Krankenversicherer verlangen, dass dieser seinen Antrag auf einen PKV Tarifwechsel unter Wahrung erworbener Rechte und Anrechnung der Alterungsrückstellung annimmt, sofern es sich um gleichartigen Versicherungsschutz handelt.
Wenn der Zieltarif ein umfassenderes Leistungsversprechen bietet, als der Ausgangstarif, dann ist der Versicherer berechtigt für die Mehrleistungen eine Gesundheitsprüfung zu fordern und die Erkenntnisse daraus zu bewerten. Darüber hinaus kann der Versicherer für die Mehrleistungen auch die Einhaltung einer Wartezeit verlangen.
Sollte aufgrund von Erschwernis die Erhebung eines Risikozuschlags notwendig sein, kann der Versicherte durch einen entsprechend schriftlich zu erklärenden Verzicht auf die Mehrleistungen, den Zuschlag abwenden.
Wer kann in den PKV-Standardtarif wechseln?
Nur ältere Versicherte, die vor dem 01.01.2009 schon privat krankenversichert waren, haben die Möglichkeit, in den PKV-Standardtarif (die „GKV der PKV“) zu wechseln. Dieser wird seit dem 01.07.1994 von den privaten Krankenversicherungen angeboten und kann von Personen versichert werden, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und über eine Vorversicherungszeit von mindestens 10 Jahren in der PKV verfügen.
Seit dem 01.07.2000 haben Versicherte auch ab dem 55. Lebensjahr die Möglichkeit, den Standardtarif zu buchen. Voraussetzung dafür ist, dass das jährliche Gesamteinkommen des Versicherten die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) in der GKV nicht übersteigt. Rentenantragsteller können unter bestimmten Voraussetzungen auch vor dem 55. Lebensjahr in den PKV-Standardtarif wechseln.
Gesetzliche Grundlage
Der Standardtarif wurde im Zusammenhang mit einer Änderung des § 257 SGB V (Sozialgesetzbuch fünf) eingeführt. Seitdem dürfen Arbeitgeber den Krankenversicherungs-Beitrag nur noch bezuschussen, wenn der private Krankenversicherer des Arbeitnehmers auch den Standardtarif führt. Dabei darf der Beitrag des Standardtarifs nicht höher sein als der Höchstbeitrag in der GKV.
Für Ehepaare gilt unter bestimmten Voraussetzungen eine gemeinsame Beitragsbegrenzung auf 150 % (statt 200 %) dieses Höchstbeitrages. Da es sich um einen brancheneinheitlichen Tarif handelt, sind Leistungen und Tarifbeiträge bei allen PKV gleich.
Ältere Versicherte, die im Standardtarif versichert sind, werden nicht in den Basistarif zwangsüberführt, der am 01.01.2009 den Standardtarif ersetzt hat. Sie können zwar in den PKV Basistarif wechseln, sollten sich diese Entscheidung jedoch gut überlegen, da sie in diesem Tarif mit erheblichen Beitragssteigerungen rechnen müssen.
Der Basistarif hat 2009 den Standardtarif ersetzt
Der Möglichkeit, in den PKV-Standardtarif zu wechseln, wurde mit der Einführung des Basistarifs und damit für alle Neuversicherten ab dem 01.01.2009 ein Riegel vorgeschoben. Die private Krankenversicherung ist seitdem gesetzlich verpflichtet, den so genannten Basistarif anzubieten. Dieser enthält ein Leistungsangebot, das dem der GKV gleicht. Dabei richtet sich der Basistarif-Beitrag nur nach dem Eintrittsalter des Versicherten und nicht nach seinen Angaben zum Gesundheitszustand oder eventuellen Vorerkrankungen.
Das heißt: Risikoausschlüsse oder Risikozuschläge gibt es im Basistarif nicht. Diese durch Vorerkrankungen bedingten Mehrkosten werden von allen PKV-Tarifversicherten solidarisch getragen. Außerdem besteht – wie in der GKV – ein Kontrahierungszwang. Das heißt, die privaten Krankenversicherungen sind dazu verpflichtet, Versicherte bzw. Nichtversicherte im Basistarif aufzunehmen.
Diese Leistungen bietet der Basistarif
Die Versorgung von Versicherten im Basistarif wird über die „Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen“ sichergestellt. Das bedeutet, dass diese Versicherten ebenso wie gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf (zahn-)ärztliche Versorgung haben. Für die Vergütung der (zahn-)ärztlichen Leistungen werden bestimmte Höchstsätze der „Gebührenordnung für Ärzte“ (GOÄ) und der „Gebührenordnung für Zahnärzte“ (GOZ) festgelegt. Durch vertragliche Vereinbarungen zwischen dem PKV-Verband und den kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen kann von diesen Vorgaben ganz oder teilweise abgewichen werden.
Um die Bezahlbarkeit des Basistarifs für Versicherte zu gewährleisten, darf dessen Beitrag für Einzelpersonen den Höchstbeitrag in der GKV nicht überschreiten.
Würde die Bezahlung eines solchen Beitrags Hilfebedürftigkeit im Sinne der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende auslösen, stellen weitere Regelungen sicher, dass die Betroffenen nicht finanziell überfordert werden. Diese Unterstützung muss aber beantragt werden.
Vertrauen Sie beim PKV-Tarifwechsel auch auf den Rat eines neutralen Beraters
Leider wollen oder können sich viele Versicherte aus zeitlichen Gründen oder Unwissen mit dem PKV-Tarifwechsel nicht selbst beschäftigen und verlassen sich auf sogenannte Tarifwechselberater oder auf ein Vergleichsportal im Internet. Vor allem wird vorschnell auf den auf den ersten Blick attraktiv erscheinenden niedrigen Tarifbeitrag geschaut und zu wenig auf die Folgen daraus.
Lassen Sie sich nicht blind auf Tarifvorschläge ein und suchen Sie nicht nur nach dem billigsten Tarif! Viele unseriöse Vermittler nutzen diese Situation oft zu ihrem eigenen Vorteil aus.
Obwohl die Änderung von Vertragsinhalten einer Rechtsdienstleistung gleichkommt, darf Ihr Versicherungsvermittler den PKV-Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft als sogenannte Annextätigkeit begleiten, sofern er Ihnen die private Krankenversicherung ursprünglich vermittelt hat oder Sie ihm per Vertrag erlaubt haben, Ihren PKV-Vertrag in seinen Bestand aufzunehmen.
Falsche Beratung kann verheerende Folgen haben
Jedes Jahr werden so unzählige Versicherte regelrecht zu einem Krankenversicherungs-Wechsel getrieben, mit der Folge, dass ein Großteil der bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten persönlichen Alterungsrückstellungen und der bereits erworbenen Rechte beim langjährigen Krankenversicherer für immer verloren sind.
Zwar ist der systematische Wechsel des Krankenversicherers beim PKV-Tarifwechsel nach Einführung von Provisionsbegrenzungen und verlängerten Stornohaftungs-Zeiten zurückgegangen, doch allgemeine Verunsicherung z.B. nach Beitragsanpassungen führt weiterhin dazu, dass Versicherte durch nicht ausreichend qualifizierte Vermittler – oder Werbeversprechen im Internet – nachteilig zu einem Tarifwechsel auch innerhalb einer Versicherungsgesellschaft beraten werden.
Unser Fazit:
Wenn Sie einen PKV-Tarifwechsel in Betracht ziehen, sollten Sie folgende Aspekte immer im Hinterkopf haben:
- Versicherungsvermittler bekommen für ihre Beratung kein Geld, wenn ihr Kunde den PKV-Tarif innerhalb der Gesellschaft wechselt. Sie verdienen vielmehr an der Ersparnis des neuen Vertrags im Vergleich zum Bestandsvertrag. Deshalb empfehlen unseriöse Makler meist den billigsten Tarif.
- Versicherungsmakler erhalten ebenso wie Versicherungsvermittler und -vertreter nur dann Abschlussprovisionen, wenn ein Vertrag zustande kommt. Das ist nur der Fall, wenn der Kunde den Versicherungsanbieter wechselt. Deshalb wird häufig der Wechsel in eine andere PKV empfohlen, obwohl der Kunde dadurch wertvolle Rechte bei seinem alten Anbieter verliert und daher eigentlich ein PKV-Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft viel sinnvoller wäre.
- Ein Versicherungsmakler darf auch dann einen Tarifwechsel gegen ein Erfolgshonorar durchführen, wenn er den Kunden nur in diesem konkreten Einzelfall berät und den Tarifwechsel vermittelt. (BGH Urteil vom 28.06.2018, Az.: I ZR 77/17)
- Ein Versicherungsberater berät völlig unabhängig und wird für die Beratung bezahlt. Er darf ohne jegliche Einschränkung tätig werden.
Ein PKV-Tarifwechsel sollte mit Bedacht durchgeführt werden. Greifen Sie deshalb auf einen neutralen und qualifizierten Versicherungsberater zurück! Die Beratung kostet zwar Geld, aber durch seine unabhängige Beratung sparen Sie am Ende umso mehr Geld ein und sichern sich Ihre verdienten Rechte.
Fragen Sie außerdem bei Ihrer Versicherungsgesellschaft nach und berufen Sie sich dabei auf die Regeln des Tarifwechselleitfadens der PKV.
Wie kommt man aus einem Billigtarif raus?
Für alle, die beim PKV-Tarifwechsel in eine Billigtarif-Falle getappt sind oder sich bewusst für eine Billigtarif-Lösung entschieden haben, ist eine Tarifreparatur nach § 204 VVG empfehlenswert – auch, wenn der monatliche Beitrag höher ausfällt und auch, wenn dafür vielleicht ein Vermittlungs-Honorar fällig wird.
Denn auf lange Sicht kann sich so eine Billigentscheidung rächen – und sogar zum finanziellen „Ruin“ führen, sofern keine ausreichenden eigenen Mittel vorhanden sind.
Das sollten Sie über Billigtarife in der PKV wissen
Ein „Billigtarif“ ist in der PKV nur möglich, wenn an den Leistungen gespart wird oder: Je billiger der Beitrag, desto weniger Leistung ist in einem Versicherungstarif enthalten und der Versicherte muss im Leistungsfall aus eigener Tasche zuzahlen.
Werbetechnisch heißt das dann gerne: 100 % für Arzneimittel. Im Kleingedruckten der Tarifbedingungen kommt dann noch die Einschränkung: nur Arzneimittel, die von einem Gesundheitspartner verordnet in einer Partner-Apotheke des Versicherers bezogen wurden, ansonsten 60 %. Der Schock für die Versicherten ist vorprogrammiert! Und Vermittler, die Tarife wie „100 % Privatpatient für nur 99 Euro im Monat“ empfehlen, gehören zu den schwarzen Schafen der Zunft.
Wenn Sie das Gefühl haben, von einem schwarzen Schaf beraten worden zu sein, dann lassen Sie von einem qualifizierten Versicherungsberater eine Tarif-Überprüfung vornehmen. Also lieber einmal eine kostenpflichtige Zweitmeinung einholen, als langfristig den finanziellen Schaden einer Billig-Lösung einzugehen.