Was besagt die Informationspflichtenverordnung?

Durch die Informationspflichtenverordnung oder Versicherungs­Vertrags­Gesetz­Informations­pflichten­Verordnung (VVG-Info-V) werden auch ältere PKV-Kunden besonders geschützt. Bei drohender Beitragsänderungen muss der Krankenversicherer betroffenen PKV-Kunden ab 60 bis zu zehn Vorschläge zu Tarifen machen, die preiswerter sind. Au­ßer­dem ist ein Angebot zum Standardtarif oder dem Basistarif beizufügen, genauso wie ein Vorschlag zum ver­kaufs­stärks­ten Tarif des vergangenen Geschäftsjahres.

Die Informationspflichtenverordnung betrifft alle Versicherungssparten und bestimmt welche Angaben einem Versicherungskunden zur Verfügung (§ 1 VVG-InfoV) gestellt werden müssen. Neben der Identität des Versicherers ist auch die jeweilige Geschäftstätigkeit mitzuteilen. Darüber hinaus müssen Preise und Kosten der jeweiligen angebotenen Versicherungspolice genannt sein sowie auf Zahlungsweise, Gültigkeitsdauer von Angeboten, Angaben zu Laufzeiten, Möglichkeiten der Beendigung, anzuwendendes Recht und die außergerichtlichen Beschwerdeorganen hingewiesen werden.

Im sogenannten Produktinformationsblatt (§ 4 VVG-InfoV) müssen die jeweiligen Eckdaten des Versicherungsproduktes übersichtlich aufgeführt sein. Sollte der Versicherer mit seinem Kunden telefonieren wollen, so sind auch hier bestimmte Informationen mitzuteilen (§ 5 VVG-InfoV).

Speziell für Lebens-, Berufsunfähigkeits- und für Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr (§ 2 VVG-InfoV) sowie für die Krankenversicherung (§ 3 VVG-InfoV) bestehen weitere darüberhinausgehende Informationspflichten.

Das betrifft die in den Beiträgen einkalkulierten Abschlusskosten, etwaige Rückkaufswerte und Überschussbeteiligungen.

Informationspflichtenverordnung seit 2008:

Die Informationspflichtenverordnung bei Versicherungsverträgen ist seit 2008 in Kraft. Hier sind die Informationen geregelt, die vor Abschluss eines Versicherungsvertrags und während der Vertragslaufzeit zu erfüllen sind.

Hinweis auf höhere Beiträge durch steigende Kosten

Speziell die Krankenversicherung muss  durch die Informationspflichtenverordnung darüber aufklären, dass sich die Beiträge aufgrund steigender Kosten erhöhen können. Es müssen Hinweise auf die Beitragsbegrenzung im Alter erfolgen, durch die Möglichkeit in einen der sogenannten Sozialtarife wechseln zu können. Außerdem müssen die Krankenversicherer über die Beitragsentwicklung der vergangenen zehn Jahre informieren, damit Versicherungskunden einen Hinweis dazu haben, wie sich ihr Anfangsbeitrag im Laufe der Zeit entwickeln könnte. Im Einzelnen ist auch darauf hinzuweisen werden, dass eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung nach dem 55. Lebensjahr in der Regel ausgeschlossen ist.

Schutz für den Verbraucher

Die Informationspflichtenverordnung soll den Verbraucher schützen. Das gilt nicht nur vor einem Abschluss, sondern gleichermaßen auch während der Vertragslaufzeit (§ 6 VVG-InfoV). Krankenversicherer müssen alle betroffenen Kunden bei einer Beitragsanpassung auf das Tarifwechselrecht schriftlich hinweisen.

Geregelt ist das in: § 6 Absatz 2 VVG-InfoV:

„(2) Bei der substitutiven Krankenversicherung nach § 146 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes hat der Versicherer bei jeder Prämienerhöhung unter Beifügung des Textes der gesetzlichen Regelung auf die Möglichkeit des Tarifwechsels (Umstufung) gemäß § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes hinzuweisen. Bei Versicherten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist der Versicherungsnehmer auf Tarife, die einen gleichartigen Versicherungsschutz wie die bisher vereinbarten Tarife bieten und bei denen eine Umstufung zu einer Prämienreduzierung führen würde, hinzuweisen. Der Hinweis muss solche Tarife enthalten, die bei verständiger Würdigung der Interessen des Versicherungsnehmers für eine Umstufung besonders in Betracht kommen.

Zu den in Satz 2 genannten Tarifen zählen jedenfalls diejenigen Tarife mit Ausnahme des Basistarifs, die jeweils im abgelaufenen Geschäftsjahr den höchsten Neuzugang, gemessen an der Zahl der versicherten Personen, zu verzeichnen hatten. Insgesamt dürfen nicht mehr als zehn Tarife genannt werden. Dabei ist jeweils anzugeben, welche Prämien für die versicherten Personen im Falle eines Wechsels in den jeweiligen Tarif zu zahlen wären. Darüber hinaus ist auf die Möglichkeit eines Wechsels in den Standardtarif oder Basistarif hinzuweisen. Dabei sind die Voraussetzungen des Wechsels in den Standardtarif oder Basistarif, die in diesem Falle zu entrichtende Prämie sowie die Möglichkeit einer Prämienminderung im Basistarif gemäß § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes mitzuteilen. Auf Anfrage ist dem Versicherungsnehmer der Übertragungswert gemäß § 146 Absatz 1 Nummer 5 des Versicherungsaufsichtsgesetzes anzugeben; ab dem 1. Januar 2013 ist der Übertragungswert jährlich mitzuteilen.“

Besondere Hinweispflicht bei Älteren

Da der Gesetzgeber ältere PKV-Versicherte als besonders schützenswert einstuft, ist die Informationspflicht bei Kunden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben weitreichender und hier greift die Informationspflichtenverordnung. Hier genügt es keinesfalls auf die Rechtsgrundlage hinzuweisen. Vielmehr muss der Versicherer Berechnungen zu anderen, preiswerteren Tarifen machen, wobei nur ein günstigerer Beitrag und die Gleichartigkeit die beiden einzigen Kriterien bilden.

„[…] Bei Versicherten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist der Versicherungsnehmer auf Tarife, die einen gleichartigen Versicherungsschutz wie die bisher vereinbarten Tarife bieten und bei denen eine Umstufung zu einer Prämienreduzierung führen würde, hinzuweisen. […]“

Durch die Formulierung in der Informationspflichtenverordnung „ist… hinzuweisen“ ergibt sich für den Versicherer ein Muss. Er muss den betroffenen Kunden auf preiswertere Tarife hinweisen. Weiter führt das Gesetz aus, welche weiteren Tarife der Hinweis zusätzlich enthalten muss.

„[…] Zu den in Satz 2 genannten Tarifen zählen jedenfalls diejenigen Tarife mit Ausnahme des Basistarifs, die jeweils im abgelaufenen Geschäftsjahr den höchsten Neuzugang, gemessen an der Zahl der versicherten Personen, zu verzeichnen hatten. […]“

Der Gesetzgeber legt in der Informationspflichtenverordnung eindeutig fest, dass die erfolgreichsten Tarife des vergangenen Geschäftsjahres für den Kunden besonders interessant sind. (Aber nicht sein müssen). Die erfolgreichsten Tarife müssen deswegen genannt werden. Das bietet auch älteren Versicherten die Gelegenheit einen für neue Kunden attraktiven Tarif kennen zu lernen. Ob es sich dabei tatsächlich um einen vorteilhaften Wechsel handelt, ist keinesfalls gesagt. Offenbar möchte der Gesetzgeber aber älteren Versicherten die Gelegenheit eröffnen, zumindest den aktuellen Trendsetter in Betracht ziehen zu können.

Was ist zu beachten?

Zu beachten ist aber, dass es sich speziell bei dem Tarif mit dem höchsten Neuzugang nicht um die passende Alternative handelt, bzw. handeln muss.

gerd

Seit einigen Jahren ist bedauerlicherweise zu beobachten, dass beim Neuabschluss vor allem ein geringer Beitrag Beachtung findet, statt das Augenmerk auf umfassenden Versicherungsschutz zu richten. Qualität hat aber grundsätzlich seinen Preis und die erfolgreichsten / verkaufsstärksten Tarife zeichnen sich oft hier nicht aus. Sie werden aufgrund der Preisgestaltung gekauft. Das Leistungsniveau hat mit dem von älteren Versicherten nur noch wenig gemein.

Gerd Güssler

Versicherungsexperte & Gründer KV-FUX

Wenn hier von Tarifen gesprochen wird, die den höchsten Neuzugang zu verzeichnen hatten, dann ist eigentlich davon auszugehen, dass es sich um Unisex-Tarife handeln muss. Seit dem 21.12.2012 wird jeder Tarif in der privaten Krankenversicherung geschlechtsunabhängig kalkuliert. Das scheint aber nicht jedem PKV-Anbieter klar zu sein oder zu wollen. Der eine oder andere Versicherer bezeichnet schon mal ältere Bisex-Tarife als die jeweils „neuzugangsstärksten“ und findet in jedem seiner Tarifwerke einen solchen.

Verhaltensweise:

Nicht immer ist die Verhaltensweise der Krankenversicherer optimal rechtskonform. Auch wenn die Versicherer beteuern, dass diese Vorgehensweise mit der Aufsichtsbehörde abgestimmt sei, führt sie zu möglichen Nachteilen für Versicherte.

Viele Tarife können zu Unübersichtlichkeit führen

Die Mehrzahl der Krankenversicherer verfügt über zahlreiche Tarifwerke und Tarife. Das führt oftmals zu einer ganzen Reihe von Möglichkeiten, um den eigenen Versicherungsschutz an veränderte Bedarfssituationen anzupassen. Die Thematik an sich ist komplex und daher hat der Gesetzgeber auch eine Obergrenze der zu nennenden Anzahl von Tarifen festgelegt.

Nicht mehr als zehn Tarife sollten der Anpassungsmitteilung beiliegen. Das dient dem Schutz des Verbrauchers, den man nicht überfordern möchte.

Andererseits kann eine so weitreichende Entscheidung über die zukünftige Gestaltung des Versicherungsschutzes nur dann zum eigenen Vorteil getroffen werden, wenn alle Informationen über sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten vorliegen. Und genau hier beginnt das Dilemma.

Dem betroffenen PKV-Kunden fehlt es in der Regel an der nötigen Sachkenntnis – und die Krankenversicherer informieren teils unvollständig. Das kann zum Nachteil des Kunden führen, wenn die Versicherer sich darauf beschränken ein, zwei oder manchmal auch drei Alternativen zu nennen.

Selbst wenn zehn preiswertere Tarife zur Verfügung stehen, beschränken sich Krankenversicherer auf eine Minimallösung, weil ein Tarifwechsel und der damit verbundene mögliche Beitragsverlust unerwünscht und durch eine solche Strategie vielfach vermeidbar ist.

Der Gesetzgeber wollte mit der Informationspflichtenverordnung Transparenz schaffen

Es geht in diesem Punkt um die Aufklärung zu einem alternativen auch preiswerterem Versicherungsschutz. Speziell ältere Versicherte haben zum Teil hohe Beitragsbelastungen im Vergleich zur Einahmenseite. Eine Rückkehr in die vom Einkommen finanzierte gesetzliche Krankenversicherung ist normalerweise nicht mehr möglich.

Wenn PKV-Anbieter aber nicht vollständig über andere Gestaltungsmöglichkeiten informieren, ist die Gefahr einer falschen Kundenentscheidung hoch. Die fehlende Transparenz führt zu unvorteilhaften Wechseln, zugunsten einer Beitragsersparnis.

Solche Umstellungen sind oftmals mit der Abwahl von wertvollen Gesundheitsleistungen verbunden. Diese Gesundheitsleistungen braucht man nicht unbedingt in jungen Jahren aber gerade als älterer Mensch möchte man auf diese nicht verzichten.

Nur wenn vollständig über alle tariflichen Möglichkeiten informiert werden würde, wäre die Fehlerquote beim Tarifwechsel bei weitem geringer. Wenn der Versicherungsschutz erst einmal verändert ist, dann lassen sich Fehler oftmals nur schwer heilen.

Hinweis: Der Fokus auf die höchste Beitragsersparnis ist auf den ersten Blick zwar reizvoll und verständlich, greift aber in der Gesamtbetrachtung der Situation meist zu kurz. Bei dem seit Einführung des § 204 VVG neu entstandenen Geschäftsfeldes der Branche, der externen Tarifwechsel- und Beitragsoptimierer – bei der oft die höchste Beitragsersparnis im Vordergrund steht – ist Vorsicht besser als Nachsicht. Das Einholen einer zweiten Meinung kann eine Option ein.

Darauf ist bei einer Beitragsanpassung zu achten

Da PKV-Kunden von ihrem Krankenversicherer auf das Tarifwechselrecht gemäß § 204 VVG hinzuweisen sind, sollte die Mitteilung zu Beitragsanpassung den entsprechenden Gesetzestext enthalten.

Wer das 60. Lebensjahr vollendet hat und im Laufe des Jahres von einer Beitragsanpassung betroffen ist, der sollte in der Mitteilung neben dem Hinweis auf die Möglichkeit des Tarifwechsels, sehr genau auf folgende Informationen achten:

  1. Ist der „neuzugangsstärkste Tarif“ genannt, verbunden mit einer Berechnung des zu zahlenden Beitrags.
  2. Ist ein Beitrag genannt, der im Standardtarif oder im Basistarif zu bezahlen wäre.
  3. Gab es einen Hinweis auf andere preiswertere Tarife, die eine Alternative zum bisherigen Versicherungsschutz darstellen. Der Versicherer muss bis zu zehn alternative Gestaltungen nennen.

Sollte es mehr als zehn preiswertere Tarife geben, so sind maximal zehn zu nennen. Sollte er weniger Tarife haben, die preiswerter sind, so sollten zumindest diese dargestellt sein.

Nur wer vollständig informiert ist, kann im Eigeninteresse handeln. Sollten Sie sich als betroffener PKV-Kunde nicht sicher sein, ob Ihr Krankenversicherer die zu nennenden Alternativen vollständig dargestellt hat und nach Informationspflichtenverordnung handelt, können Sie sich Hilfe besorgen.

Wer kann helfen?

Qualifizierte Unterstützung kann man von verschieden Stellen erhalten:

  • Vom Krankenversicherer
    Sprechen Sie ihren Krankenversicherer direkt an. Sollte es sich bei Unvollständigkeit um ein Versehen handeln, dann wird er sicherlich nachbessern. Trotzdem sollten Sie im Auge behalten, dass ein Tarifwechsel  meist unerwünscht ist und daher besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der Krankenversicherer einen Wechsel eher zu den eigenen Gunsten auszugestalten versucht.
  • Vom Versicherungsvertreter
    Falls Sie einen Versicherungsvertreter als Ansprechpartner haben, können Sie sich auch an ihn wenden. Bedenken Sie aber, dass ein Vertreter die Interessen des Versicherers vertritt und daher sollte es nicht verwundern, wenn das Ergebnis hinter den Erwartungen zurückbleibt.
  • Vom Versicherungsmakler
    Wenn Sie von einem Versicherungsmakler betreut werden, dann kann dieser die möglichen Alternativen in Erfahrung bringen kann. Er ist als Sachwalter auf Ihrer Seite und vertritt Ihre Interessen.
  • Vom Versicherungsberater
    Auch ein Versicherungsberater ist als Rechtsdienstleister der richtige Ansprechpartner. Er wird für Klarheit über alle möglichen tariflichen Gestaltungen sorgen können. Auch der Versicherungsberater handelt ausschließlich in Ihrem Interesse.

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